Einmal über die Alpen wandern…
Von unserer Gastautorin Saskia Haun
Einmal ganz klassisch über die Alpen wandern: Diesen Wunsch hegte ich schon lange. Ende Juli 2019 war es endlich soweit. Es ging auf dem E5 von Oberstdorf nach Meran durch die Allgäuer, die Lechtaler und die Ötzaler Alpen. Mit einem Kumpel in sechs Tagen durch drei Länder… Zu Fuß haben wir mehr als 5.000 Höhenmeter und rund 140 km zurückgelegt.
Tag 1: Von Oberstdorf nach Holzgau
Heute geht es los: Die erste Etappe von Oberstdorf (Deutschland) nach Holzgau (Österreich). Die ersten Stunden geht es mehr oder weniger bergauf bis zur Kemptener Hütte. Nach einer ausgiebigen Mittagspause geht es über das Mädelejoch (1974 m) nach Österreich und weiter durch das Höhenbachtal. Dort folgt ein kurzer Boxenstopp am Fluss, um die Socken zu lüften und die Füße zu kühlen. Anschließend zieht sich der Weg bergab bis kurz vor Holzgau. Die Holzgauer haben sich etwas ganz Besonderes ausgedacht: Eine Hängebrücke von 200 m, die über der Höhenbachtalschlucht nördlich von Holzgau führt; die kann man sich natürlich nicht entgehen lassen. Anschließend machen wir uns entlang des E5 und parallel zu Lech und Dorf auf, um einen passenden Platz zum Zeltaufschlagen zu finden. Wir hätten es nicht besser treffen können: Kurz bevor der Weg den Fluss verlässt, finden wir ein verlassenes Baumhaus direkt am Fluss und beschließen kurzerhand dort unser Zelt aufzuschlagen – ein gratis Bad im eisigen Lech inklusive.
Tag 2: Von Holzgau zur Memminger Hütte
Vom Regen geweckt! Das mindert meine Motivation ungemein. Erst am frühen Mittag raffen wir uns auf in Richtung Memminger Hütte. Die ersten drei Stunden geht es gemütlich an einer überraschend viel befahrenen Bergstraße durch das Madautal (1.400 m). Der Weg ist leider etwas eintönig, später werden wir erfahren, dass fast alle E5-Wanderer hier einfach das Feuerstein-Taxi nehmen. Die letzten 2,5 Stunden haben es dann in sich: 500 Meter geht es in steilen Serpentinen bergauf zur Memminger Hütte, die auf 2.242 Metern liegt. Dafür belohnt der Weg entlang eines Wasserfalls mit einer wunderschönen Aussicht. Unter dem Seekogel geht es bis zum großen Bergkessel, in dessen Mitte die Hütte eingeschlossen ist. Auf der Memminger Hütte gönne ich mir eine heiße Dusche, wir legen das Zelt zum Trocknen aus und ergattern sogar noch zwei Schlafplätze in einem Viererzimmer.
Tag 3: Memminger Hütte bis Zamser Schihütte
Heute geht es über die Seescharte (2.664 m) und durch und das Lochbachtal, wo die Unterlochalm zu einer ausgiebigen Brotzeit einlädt. Danach wandern wir weiter bis in den Ort Zams, der auf 800 Metern Höhe liegt. Die Sonne brennt nun ordentlich und so beschließen wir kurzerhand einen Abstecher in den nächstgelegenen und mit Klimaanlage ausgestatteten Supermarkt zu unternehmen. Am späten Nachmittag machen wir uns an die 1.000 Meter Aufstieg zur Zamser Schihütte (1.780 m). Es ist heiß, es gibt wenig Schatten und die meiste Zeit gehen wir die rote Piste im direkten Marsch nach oben. Entsprechend ist die Laune und umso überraschter sind wir, als wir an der Hütte ankommen und uns bereits bekannte Gesichter, geduscht und mit Kaltgetränk in der Hand zuprosten. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass fast alle ein wenig geschummelt und die Seilbahn genutzt haben.
Tag 4: Zamser Schihütte bis Braunschweiger Hütte
Nach dem Frühstück schleppen wir uns den Rest der roten Piste hoch bis zum Krahberg (2.208 m). Weiter geht es auf rund 2.100 Meter über drei Gipfel, entlang des Bergkamms. Anschließend führt ein langer Abstieg bis nach Wenns, von wo aus ausnahmslos alle den Bus durch das Pitztal bis zum 40 km entfernten Mittelberg (1.734 m; Busendstation) nehmen. Ab Mittelberg geht es dann flussaufwärts bis zur Gletschertalhütte (ca. 30 Minuten von der Bushaltestelle entfernt). Heute ist mit Abstand der heißeste Tag und so harren wir bis zum späten Nachmittag im, mit Sonnenschirmen geschützten Garten, der Gletschertalhütte aus. Wir planen nicht mehr ganz bis zur Braunschweiger Hütte (2.760 m) aufzusteigen, sondern wollen endlich mal wieder campen. Leider bietet sich während des gesamten Aufstiegs keine einzige Möglichkeit und so wird der Tag mal wieder länger als geplant. Der Steig ist um einiges steiler als die Tage davor, dafür entschädigt der Blick auf Wasserfälle und Gletscher. Gegen 19.30 Uhr erreichen wir endlich die Sonnenterrasse. Der großartige Hüttenwirt schlägt uns vor, an einem kleinen See hinter der Hütte das Zelt aufzuschlagen und so campen wir mit Blick auf ein einzigartiges Bergpanorama.
Tag 5: Braunschweiger Hütte bis Vent
Der heutige Weg führt über das Rettenbachjoch (2.988 m) bis nach Rettenbachferner. Hinter dem Jöch bis zur Ötztaler Gletscherstraße liegt noch Schnee und so lasse ich es mir nicht nehmen, den Berg auf den werten vier Buchstaben runterzurutschen. Anschließend hat man die Wahl über den Gletscher zu laufen, um den Berg herum oder mit dem Bus durch den Rosi-Mittermaier-Tunnel zu fahren. Wir wollen eigentlich über den Gletscher gehen, treffen aber niemanden an, der uns was zu den Konditionen und der bevorzugten Route sagen könnte und so entscheiden wir uns sicherheitshalber für den Weg zu Fuß durch den 1.729 Meter langen Tunnel. Dahinter geht es den Öztaler Höhenweg entlang, ins rund vier Stunden entfernte Vent; aus meiner Sicht ist dieser Panoramaweg einer der schönsten Abschnitte auf dem E5. Allerdings auch mit sehr wenig Schattenplätzen und bei 34 Grad brennt die Sonne ordentlich. Ein Bergsee verspricht Rettung und eine Möglichkeit, nicht nur den Körper abzukühlen, sondern auch Klamotten zu waschen. Gegen 17 Uhr erreichen wir Vent (1.896 m), stürmen in die nächstbeste Pizzeria und wandern dann noch etwa eine Stunde weiter, bis sich ein etwas schräges aber dennoch akzeptables Zeltplätzchen bietet.
Tag 6: Vent über Karthaus nach Meran
Große Freude am Morgen: Selbst am letzten Tag noch blasenfrei, obwohl ich den Großteil des gestrigen Tages – dank der Schnee-Rutscherei – mit nassen Füßen unterwegs war. So startet der Tag mit positiven Vibes! Entlang des Flusses geht es weiter bergauf, an der Martin-Busch-Hütte (1.690 m) vorbei bis zur Similaunhütte auf 3.018 Metern. Unsere letzte Berghütte vor dem Abstieg – da gönnt man sich schon mal eine Speckknödelsuppe mit Blick auf den Niederjochferner (auch Similaungletscher genannt). Die Similaunhütte markiert zudem die Grenze zwischen Österreich und Italien, das bedeutet, dass wir nach der Stärkung gen Süden aufbrechen. Zuerst versperrt dichter Nebel die Sicht, doch nach 200 Metern lichten sich die Wolken und geben den Blick auf den Vernagt-Stausee frei, der scheinbar den inoffiziellen Endpunkt der E5-Alpenüberquerung nach Meran darstellt. Zum Stausee geht es über das Tisental nach Obervernagt im Schnalstal. Der Tag ist noch früh und wir entscheiden uns am Stausee dazu, weiter nach Meran zu laufen bis es dunkel wird. Von Unser Frau bis nach Karthaus (ein ehemaliges Kloster) führt ein 90-minütiger Schweigeweg, der sich als Abschluss der Tour vorzüglich dazu nutzen lässt, Erlebtes Revue passieren zu lassen. In Karthaus fängt es dann mächtig an zu regnen und zu gewittern. So entschließen wir uns, lieber mit dem Bus nach Meran und von dort aus mit dem Taxi nach Schenna zu fahren, wo uns eine Freundin auf dem Familiengut eine abschließende Mahlzeit und Unterschlupf gewährt.
Fazit
Den Fernwanderweg E5 empfand ich, zu der Zeit, als ich dort unterwegs war, etwas überlaufen, insbesondere aufgrund größerer geführter Touren. Wer einen sicheren Schlafplatz im Viererzimmer bevorzugt, sollte daher die Hütten besser im Voraus buchen. Solange man mit den improvisierten „Notlagern“ der Hütten Vorlieb nehmen kann, sollte das alles aber kein Problem sein. Auf jeden Fall einen Schlafsack mitnehmen, denn Übernachtungsmöglichkeiten findet man immer! Für mich war es eine gute Entscheidung, ein Zelt mitzunehmen. So konnten wir uns auch mal fernab der Tagesetappenziele niederlassen und hatten zumindest ab und zu ein paar ruhige Stunden in der Natur, ohne jemandem zu begegnen.
Insgesamt ist der E5 sehr gut ausgebaut, auf der vierten Etappe gab es einige Klettersteige, die sich aber ohne größere Höhenangst problemlos meistern ließen. Gut zu wissen: Teilweise lag Ende Juli noch Schnee. Daher empfehle ich, auch in den Sommermonaten festeres Schuhwerk mitzunehmen und ein paar extra Socken einzupacken gegen nasse Füße!
Auf ihrem Blog berichtet Saskia über ihre Mehrtagestouren. Auch zur Alpenüberquerung hat sie einen Artikel geschrieben: E5 – von Oberstdorf nach Meran. Im Jahr 2017 hat sie alleine den Pacific Crest Trail (PCT) bewältigt.
Packliste:
Schmale Felsen- und Steinpfade gehören bei einer Alpenüberquerung dazu.
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