Leben ist das was passiert, während Du Pläne machst
Von unserem Gastautor Jörg Thamer
Der 34-jährige Österreicher Matthias Kodym aus Puchberg am Schneeberg lebt schon immer sehr naturverbunden. Als Kind spielte er in den Wäldern hinterm Elternhaus, baute Forts und Baumhäuser, unterhielt eigene Trailsysteme und sammelte Brennholz. Mittlerweile hat er sich in der Weitwander- und Trailrunningszene einen Namen gemacht. Ende Oktober kam Matthias von einem unglaublich klingenden Rekordversuch zurück: Auf dem Arizona National Scenic Trail wollte er 800 Meilen in knapp 20 Tagen zurücklegen. Und das, völlig auf sich alleine gestellt und ohne Unterstützung von außen.
Unvergessliches Erlebnis – der Pacific Crest Trail
Lange Strecken zu laufen oder zu wandern ist die Art von Reisen, die Matthias Kodym liebt. Im Jahr 2011 tat er das auf dem Pacific Crest Trail, der auf einer Länge von 4.265 Kilometern von Mexiko nach Kanada führt. In 130 Tagen bewältigte er die komplette Strecke, durchquerte dabei die US-Staaten Kalifornien, Oregon und Washington und kämpfte mit der Hitze in der Wüste genauso wie mit kalten und stürmischen Nächten. Obwohl inzwischen viele Wanderungen und Trailruns dazu gekommen sind, und obwohl sie alle ihm irgendwie wichtig sind, nennt Matthias seine Wanderung auf dem Pacific Crest Trail die „Reise seines Lebens“. Folgerichtig wollte er den Rekordversuch ursprünglichauch auf dem PCT unternehmen. Waldbrände im Vorjahr verursachten jedoch viele Sperren am Trail und so entschied sich der österreichische Trailrunner für den Arizona National Scenic Trail als kürzeres Ersatzprogramm.
Arizona National Scenic Trail – Hurricane Ausläufer zwangen zum Abbruch
Auch dieser etwa 1.287 km lange Trail von Mexiko nach Utah hatte es in sich. Matthias hatte sich vorgenommen den Rekordversuch abzubrechen, sobald klar würde, dass er die angepeilte Zeit von knapp unter 19 Tagen und 17 Stunden nicht schaffen würde. Leider passierte genau das. Zwei Hurricane-Ausläufer fegten über Arizona hinweg und brachten die stärksten Niederschläge seit Aufzeichnung mit sich. Das bedeutete Sturm, Schnee, Regen, Hagel und Gewitter. Die Gefahr von Unterkühlung, Sturzfluten und der extrem aufgeweichte Boden machten es ihm unmöglich, die erforderliche Pace für den Rekord zu halten, zumal keine Wetterbesserung in Sicht war.
Außerdem kam noch eine Reizung beider Achillessehnen hinzu. Diese rührte daher, dass seine „Anreise“ zum Ausgangspunkt über eine ca. 40 km Wanderung durch den Buckskin Gulch führte, einem Slot Canyon, in dem sich sehr viel Wasser und Schlamm befand, so dass seine Schuhe durch den Schlamm zu harten Betonklötzen wurden. Da am Ausgangspunkt des Arizona National Scenic Trail (AZT) kein Wasser vorhanden war, konnte der Ausdauersportler seine Schuhe und Socken nicht mehr reinigen und musste den Rekord quasi mit dem was er am Leib hatte starten. Das war natürlich alles andere als optimal. Fünf Tage lang hat Matthias noch versucht auf Kurs zu bleiben, hatte aber zu starke Schmerzen und wollte keine Langzeitschäden an der Achillessehne riskieren.
Nach seiner Rückkehr aus den Vereinigten Staaten hatte unser Gastautor Jörg Gelegenheit, Matthias ein paar Fragen zu stellen:
Matthias, du kommst gerade von einem, für mich unglaublich klingenden Rekordversuch zurück. Auf dem Arizona National Scenic Trail (AZT) wolltest du 800 Meilen in knapp 20 Tagen zurücklegen. Leider musstest du aus genannten Gründen den Versuch abbrechen. Bestimmt hast du auch etwas Positives von dort mitgenommen, nicht wahr?
„Klar, im Endeffekt bin ich ja doch 600 Meilen des AZT gegangen, habe tolle Leute kennengelernt und eindrucksvolle Fauna und Flora erlebt. Durch die Niederschläge gab es Wasser zur Genüge und es war schön zu sehen, wie sich Bachläufe durch die sonst so trockene Gegend schlängeln. Und auch der Buckskin Gulch, der Slot Canyon der mich vielleicht im Endeffekt den Rekord gekostet hat, war wunderschön und sicher ein Highlight der Reise. No regrets!“
Wie wichtig war dir der Rekord? Wirst du den Versuch irgendwann wiederholen?
„Ob ich den Rekord am AZT nochmal versuchen werde, kann ich zurzeit nicht beantworten. Der Pacific Crest Trail hat im Allgemeinen für mich sicher einen höheren Stellenwert, da ich ihn 2011 schon einmal durchwandert habe und ich gerne nochmal zurück möchte. Für nächstes Jahr habe ich allerdings ein Projekt im Kopf das sich vor meiner Haustüre, also im Alpenraum abspielen wird.“
Was war bei all den vielen Touren dein schönstes Erlebnis?
„Die richtigen Menschen zur richtigen Zeit zu treffen. Tierbegegnungen, von denen man vorher großen Respekt hatte. Es ist ein tolles Gefühl zu sehen, wie sich Bären, Schlangen und Spinnen in der Natur fortbewegen und zu verstehen, dass von ihnen im Großen und Ganzen keine Gefahr ausgeht, solange man sie nicht in ihrem Lebensraum einschränkt. Auch die sportliche und mentale Komponente gehören zu den schönen Erlebnissen. Es ist erstaunlich, wozu unter gewissen Grundvoraussetzungen Körper und Geist fähig sind, wenn man nur will und etwas dafür tut. Jeden Tag von früh bis spät auf den Beinen zu sein und den Fortschritt nach einigen Wochen zu beobachten, die Zeit in gewisser Weise für sich zu bestimmen, ist für mich Freiheit, für die man natürlich auch einiges in Kauf nehmen muss. Eine lange Tour bringt sehr viele unkomfortable und fordernde Situationen mit sich. Entscheidungen müssen sehr oft sehr schnell getroffen werden.“
War es jemals lebensgefährlich?
„Heikle Situation gibt es immer, wenn man sich über langen Zeitraum draußen aufhält. Das Risiko ist aber doch kalkulierbar, wenn man durch Erfahrung gelernt hat Situationen richtig einzuschätzen. Unmittelbare Gewitter, Lawinen und schwierige Flußquerungen sind natürlich immer heikel.“
Fitnessriegel, Meal ready-to-eat oder Frischverpflegung – was nimmst du auf Weitwanderungen und Trailrunning-Touren mit?
„Das ist oft unterschiedlich. Mittlerweile nehme ich auf Weitwanderungen eigentlich keinen Kocher mehr mit, sondern verpflege mich kalt. Nachschub wird je nach Gegebenheit unterwegs eingekauft. Da ist es fein, wenn man die ersten beiden Tage auch mal einen Apfel oder Bananen hat. Die restliche Zeit esse ich Schokoriegel, Nussmischungen, Tortillas, Hartkäse, gefriergetrocknete Bohnen oder Cous Cous mit Gewürzmischungen, die ich in kaltem Wasser aufquellen lasse. Schmeckt wesentlich besser als es klingt! Auf Touren, auf denen von vornherein mit eher kaltem und nassem Wetter gerechnet werden muss, wie zum Beispiel in Alaska oder Skandinavien, macht ein Kocher allerdings schon Sinn.“
Und wo schläfst du? Im Zelt? Oder einfach so im Freien?
„Ich habe natürlich immer ein Tarp dabei, um mich vor Wind oder Regen schützen zu können. Ansonsten schlafe ich sehr gerne unter freiem Himmel. Das spart Zeit und ist (meistens) ein tolles Erlebnis. Wichtig dabei ist, dass man dafür eine gut geschützte Stelle findet, um nicht von aufkommendem Wind und Wetter in der Nacht gestört zu werden.“
Wie geht es nun weiter? Welche Projekte stehen im kommenden Jahr an?
„Mein Kopf ist voller Ideen! Heuer habe ich spontan die Pyrenäen durchquert, was sich zu meinem persönlichen Highlight 2018 entpuppt hat. In Zukunft werde ich daher auch meiner spontanen Eingebung folgen und einfach das tun, worauf ich gerade am meisten Lust habe. Continental Divide Trail, Pacific Crest Trail Rekord, von Wien nach Nizza über die Alpen, Tor des Geants? Gar nichts von all dem? Ich weiß es noch nicht. Mein Motto lautet: Leben ist das, was passiert während du Pläne machst!“
Vielen Dank für deine Antworten Matthias. ich wünsche Dir, auch im Namen von Wrightsock, noch ganz viel Spaß bei Deinen Unternehmungen und dass du immer heil und unbeschadet zurückkehrst!
Bewusst minimalistisch leben
Die Reisen um die Welt stellen einen erheblichen Kostenfaktor dar und so stellt sich für Matthias die Finanzierungsfrage. „Wer Geld verdienen als Lebensmittelpunkt sieht, sollte lieber nicht mit dem Weitwandern beginnen“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Und so lebt Matthias bewusst minimalistisch. Er verzichtet im Alltag auf ein Auto und hat auch ansonsten relativ wenig ‚materiellen Kram‘. Einen gewissen Teil seiner Ausgaben finanziert der österreichische Weitwanderer durch Multimedia-Vorträge. Außerdem arbeitet er freiberuflich als Guide und Reiseführer und baut gerade sein eigenes Unternehmen im Bereich Wandern und Trailrunning auf: www.happytrails.de
Matthias mit der COOLMESH II Ringelsocke in grau-schwarz-weiß. Erstaunlich, dass sie den Strapazen auf dem Trail gewachsen war.
COOLMESH II Ringelsocke
Das dünnste und somit leichteste Modell in der WRIGHTSOCK-Kollektion.Ultraleicht unterwegs
Matthias hat jahrelang für seinen Sport trainiert und ist meistens „ultraleicht“ unterwegs. Das heißt, sein Basisgepäck liegt bei 3-4 kg ohne Verpflegung und beinhaltet dabei schon die Ausrüstung für die Übernachtung im Freien. Da freuen wir uns natürlich, dass Matthias sich oft für unser leichtestes Modell COOLMESH II entscheidet.
Das zufriedene Gesicht von Matthias lässt vermuten, dass der Weitwanderer seine Erfüllung im Draußensein gefunden hat.
DAS sieht nicht nach Fußpflege aus ;-)
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